Sonntag, 18. November 2018

Friedhof

Ich huste immer noch wie blöde. Trotzdem waren wir heute auf dem Friedhof. Am Grab meiner Großeltern und auch bei A. Der trübe Novembertag hat wunderbar zu meiner Stimmung gepasst.

Ich bin eigentlich kein Friedhofsgeher. Manchen hilft es ja, sich um ein Grab zu kümmern und mit dem Verstorbenen zu sprechen, aber ich hab immer das Gefühl, als würde ich mit einer Mailbox reden. Er ist nicht da. Zuhause zwischen seinen Sachen und Fotos hab ich viel eher das Gefühl, dass er mir zuhört. Wobei das für mich als Atheist ohnhin eine schwer greifbare Sache ist. Aber andererseits sind wir erst ganz am Anfang, das Universum zu erforschen und haben eigentlich überhaupt keine Ahnung, woraus die Realität gemacht ist. Und ich glaube irgendwie, dass nichts verloren geht, es wird nur umgewandelt... also wer weiß...

Im Grunde halte ich es da eher wie die Japaner mit ihrem Hausaltar, der einfach Teil des Familienlebens ist. Ich hab mal auf einem Grabstein einen Spruch gelesen: "Du bist nicht mehr da, wo Du warst, aber Du bist überall, wo wir sind." Um die Erinnerung wach zu halten, braucht man eigentlich keinen Gräberkult (und ich hab den auch schon in einen regelrechten Wettbewerb ausarten sehen, aber das ist eine andere Geschichte). Am liebsten hätte ich mir die Urne einfach ins Regal gestellt, so wie Yobutas. Aber da das bei Menschen nicht gestattet ist, liegt er nun eben dort. Es ist ein Baumgrab unter einer Roteiche auf einem sehr schönen, alten bewaldeten Friedhof mit Vögeln und Eichhörnchen. Ich weiß, das hätte ihm so gefallen. Es ist absichtlich so vorgesehen, dass es möglichst naturbelassen bleiben soll. Man kann einen natürlich aussehenden Stein aufstellen und manche Leute pflanzen auch einzelne Blumen oder stellen irgendwelchen Schnickschnack auf, aber besondere Pflege ist nicht nötig und eigentlich auch nicht erwünscht.

Ich geh natürlich trotzdem ab und zu hin und bringe ihm Blumen, ein Gesteck oder irgendwas anderes (wobei leider auf dem Friedhof auch hin und wieder geklaut wird, das finde ich wirklich das allerletzte). Aber wirklich bei mir ist er eher im Alltag und da eigentlich irgendwie die ganze Zeit. Ohne ihn wäre ich wahrscheinlich ein völlig anderer Mensch. Wieviel er wirklich für mich getan hat, wird mir erst nach und nach klar. Und deshalb wird er auch immer ein Teil von mir sein.

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