Samstag, 3. November 2018

Kokoro... und Netflix

Das Antibiotikum scheint zu wirken. Ich habe zwar immer noch wahnsinnigen Husten und in Folge dessen einen steifen Hals, aber ich schlafe wenigstens etwas besser.

Bin aber immer noch zu schlapp zum Lesen. Mit "Kokoro" bin ich allerdings fertig geworden, der war ja nicht so lang. Ich denke immer noch darüber nach, warum das ein Meisterwerk ist, aber mein moderner Standpunkt steht mir da wohl ein bisschen im Weg.

Während der Sensei hier zwar eindeutig Mist gebaut hat, kann ich sein Verhalten zumindest nachvollziehen. Aber K... ist aus meiner Sicht ein arrogantes eitles kleines Megawürstchen, dessen Selbstbetrug eben eines Tages in sich zusammengefallen ist und das konnte er nicht ertragen. Er hat sich nicht umgebracht, weil er unglücklich verliebt war, sondern weil er erkannt hat, dass er seinen eigenen religiösen Maßstäben nie gerecht werden kann. Der Sensei hat ihm das nur relativ deutlich vor Augen geführt und damit wahrscheinlich den Anstoß gegeben. Das ist tragisch, aber auch dumm. Aber das mag daran liegen, dass ich Religion generell für äußerst dumm halte (ja, schlagt mich doch, aber ich halte Religion für eine menschen- und ganz besonders frauenfeindliche Indoktrination... und ich glaube auch nicht an einen Gott).

Es ist durchaus ein edles Ziel, an sich zu arbeiten um ein besserer Mensch zu werden, das will ich gar nicht bestreiten, aber dafür die eigene Familie zu hintergehen und Freunde von sich wegzustoßen, um irgendwelchen abgehobenen Gottesidealen nachzueifern... dämlich! Selbst wenn man in Betracht zieht, dass sich japanische Familien damals mehr dafür interessiert haben, ihr Gesicht zu wahren, als ihre Kinder glücklich zu machen. Er hätte trotzdem ehrlich sein sollen, allein schon um seinem eigenen Ziel von Perfektion gerecht zu werden. Was ist denn das sonst für eine Basis? Man wird kein Heiliger, indem man Leute bescheißt und verachtet. Er hat die Quittung gekriegt, auch wenn es tragisch ist. Meine Meinung.

Für den Sensei tut es mir schon eher ein wenig leid. Er hat leider sehr menschlich reagiert und war halt eifersüchtig. Gut, er hat sich wie ein Arsch benommen, aber meiner Meinung nach, trägt er trotzdem keine Schuld an Ks Tod. Oder höchstens indirekt, weil er ihn mit der Wahrheit konfrontiert hat. Auch wenn er sich natürlich verantwortlich fühlt. Aber meiner Meinung nach hatte K das schon geplant, bevor er von der Verlobung erfahren hat. Davon sein ganzes Leben überschatten zu lassen, ist eine ganz schön harte Strafe. Am meisten tut mir aber seine Frau leid, die von alledem überhaupt keine Ahnung hatte.

Ja... nun ja, wahrscheinlich ecke ich mit diesen Ansichten bei diversen Literaturkritikern an, aber es fällt mir halt enorm schwer, religiöse Befindlichkeiten ernst zu nehmen, weil sie auf Lügen basieren. Jetzt basht mich ruhig!

Ansonsten habe ich aufgrund meiner mangelnden Lesekraft viel genetflixt und schon wieder was gutes entdeckt. Eine Miniserie aus Taiwan namens "Dein Kind ist nicht dein Kind" (auf Englisch "On Children"). Da geht es um Jugendliche, die von ihren Familien dermaßen unter Erfolgsdruck gesetzt werden, dass es zur Katastrophe kommt. Habe erst 2 Folgen gesehen, aber die erste war sehr genial, das könnte auch eine "Black Mirror"-Episode sein. Die zweite ist eher in Richtung Horror abgerutscht, war aber auch sehr spannend. Der Hauptdarsteller Hsiu-Fu Liu hat mich sehr an Ezra Miller erinnert, wahrscheinlich weil sein Charakter dem von Credence Barebone in der Persönlichkeitsstruktur sehr ähnelt. Aber er sieht auch ein bisschen so aus...

Na ich werd heute weiter gucken. Leider ohne Popcorn, ich kann noch nicht sehr gut schlucken. Dabei wäre das ideal, die Serie gibt's nämlich nur auf Mandarin mit Untertiteln, da stört die Knusperei nicht. 😅🍿

edit: Also die restlichen 3 Folgen waren auch toll, wenn sie mich auch weniger an "Black Mirror" erinnert haben. Bei Nr. 3 spielte zwar auch Technik eine Rolle, aber aus meiner Sicht ohne die negative Komponente. Nr. 4 war eher ein Märchen und Nr. 5 hat mich tatsächlich eher an "Trepalium" (auch eine super Miniserie, aus Frankreich und leider inzwischen wieder von Netflix verschwunden, lief aber auch mal auf Arte) erinnert. Auf jeden Fall waren sie alle auf ihre Art interessant. Sollte man sich nicht entgehen lassen!

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