Samstag, 13. Oktober 2018

Büchergeschwafel

Ich bin matschig. Nachdem ich gestern bzw. heute Morgen noch ein paar Kapitel in "Die Ermordung des Commendatore" gelesen hatte, konnte ich endlich einschlafen. Aber ich muss mir abgewöhnen, die Kommentare bei Goodreads zu lesen. Da hat einer gefragt, wieso die deutsche Ausgabe vor der englischen erschienen ist und ein paar Typen haben da tatsächlich die Theorie kreiert, dass das Geldmacherei ist, weil ja jeder Deutsche auch Englisch kann und sich das deutsche Buch nicht mehr verkaufen würde, wenn das englische schon raus wäre.

Äh... Also ich lese zwar ab und zu englische Bücher, aber nur dann, wenn die im Original auf Englisch geschrieben wurden oder es keine deutsche Übersetzung gibt. Aber welchen Sinn sollte es haben, sich als deutscher Muttersprachler mit einer englischen Übersetzung eines japanischen Buches abzumühen, wenn man auch eine deutsche Übersetzung haben kann? Noch dazu, wenn die deutsche Übersetzung wirklich extrem gut ist.

Gerade bei Murakami ließen nämlich die englischen Übersetzungen in der Anfangszeit sehr zu wünschen übrig, da die für ein eher grobschlächtigeres amerikanisches Publikum gemacht wurden. Zu Anfang wurden die deutschen Ausgaben leider aus dem Englischen übersetzt, davon ist man aber nach dem Skandal um "Gefährliche Geliebte" schnell wieder abgekommen. Das Buch hatte nämlich im Literarischen Quartett einen Eklat ausgelöst in dessen Folge Sigrid Löffler nach einem handfesten Streit mit Marcel Reich-Ranicki die Sendung verließ. Schuld daran war vermutlich wirklich die schnodderige Zweitübersetzung aus dem Amerikanischen (das Ganze kann man hier nachlesen). Daraufhin wurde das Buch unter dem Titel "Südlich der Grenze, westlich der Sonne" neu übersetzt und seitdem wird Murakami nur noch direkt aus dem Japanischen übersetzt und das sehr gut von Ursula Gräfe. Wieso also sollte sich dann jemand mit 'ner englischen Übersetzung abgeben (auch wenn die vielleicht mittlerweile qualitativ besser geworden sind)?

Irgendwie haben manche Leute so ein anglozentrisches Weltbild, dass sie sich die Existenz und den Gebrauch anderer Sprachen wohl gar nicht mehr vorstellen können. Schließlich ist Deutschland (inkl. Österreich und Teilen der Schweiz) keine amerikanische Kolonie (obwohl man das fast denken könnte, wenn man sich die Politik ansieht, aber das ist eine andere Geschichte) und es gibt laut Wikipedia 90-105 Millionen Muttersprachler. Wieso sollten die also kein Recht auf eine Übersetzung in ihrer Sprache haben bzw. den Wunsch danach?

Nichts gegen Englisch, es ist eine schöne Sprache und vor allem verhältnismäßig leicht zu lernen, weshalb sie sich als Weltsprache anbietet und irgendwie fast jeder ein paar Brocken kann. Aber das heißt ja nicht, dass man deshalb keine anderen Sprachen mehr sprechen darf oder soll. Und gerade im privaten Gebrauch ist es ja wohl den Leuten überlassen, was sie wie lesen wollen.

Irgendwo kam dann auch noch, um den Standpunkt der Geldmacherei zu bekräftigen, die Bemerkung, dass das Buch ja im Deutschen in 2 Bände aufgeteilt wurde, um doppelt abzuzocken. Zum Glück hatte schon jemand kommentiert, dass es sich bei den beiden Bänden tatsächlich auch im Original um zwei (2!) Bücher handelt. Dabei hätte man, um das zu wissen, nur mal einen Blick auf den Originaltitel werfen müssen, der auf der Seite auch gut lesbar steht.

Dabei kann man der deutschen Buchindustrie wirlich in manchen Fällen Abzocke vorwerfen, aber da nun gerade nicht...

Nun ja, ansonsten hab ich den Tag mit der Familie und Pflaumenkuchen verbracht. Das Geschenk für meinen Bruder hab ich jetzt auch bestellt. Falls ihm doch noch (in der Regel 24 Stunden vorher) einfallen sollte, dass er und meine Schwägerin sich ganz dringend noch irgendwas anderes zusammen wünschen, bekommt er's eben zum Geburtstag. Der ist ja dann auch bald... Überhaupt hat fast die ganze Familie um den Jahreswechsel rum Geburtstag, was einen bei der Geschenkesuche doppelt unter Stress setzt. Da muss man zugreifen, wenn man was findet.

Ach ja und dann hab ich noch ein bisschen zum Thema Sokushinbutsu recherchiert, die Praxis der buddhistischen Selbstmumifizierung. Die ganze Prozedur ist ziemlich gruselig und unheimlich qualvoll, man braucht wirklich einen festen Willen (und wohl auch Glauben), um das durchzuziehen. Der Wikipedia-Artikel beschreibt das kurz, da stehen einem schon die Haare zu Berge. In Nordjapan gibt es wohl recht viele solcher Mumien und ich hab ein Foto von einem gefunden, der sieht tatsächlich so aus, als hätte er seine Erleuchtung gefunden. Das Bild ist ein wenig gruselig, aber wenn es trotzdem jemand sehen will: hier klicken.

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